Corona-Impfstoffe – was wissen wir?

Der folgende Text stammt von Julia Brunhofer für die ORF Nachlese April 2021

Inzwischen sind in Österreich mehr als 1 Million Menschen zumindest mit einer Dosis des Corona-Impfstoffes geimpft. Im Gespräch sind vielfach Nebenwirkungen, Impfknappheit und die Verunsicherung. Wir versuchen, die gängigsten Mythen zu klären und möglichst viele Ihrer Fragen zu beantworten.

Mythos 1: Die Coronaimpfung kann unfruchtbar machen.

Nein. Sowohl Vektor- als auch mRNA-Impfstoffe verändern das Erbgut nicht und haben daher keine Auswirkung auf die Fruchtbarkeit. Warum eine Impfempfehlung bei Schwangeren momentan noch nicht offiziell empfohlen wird, liegt einzig daran, dass derzeit nur begrenzte Erfahrungen mit der Anwendung von Vektor- sowie mRNA-Impfstoffen bei Schwangeren vorliegen. Die Verabreichung von COVID-19-Impfstoffen in der Schwangerschaft sollte in Betracht gezogen werden, wenn der potenzielle Nutzen alle möglichen Risken für Mutter und Fötus überwiegt.

Mythos 2: Durch die Impfung wird Menschen ein Mikrochip eingebaut.

Nein, diese Information ist falsch. Ein Impfstoff wird erst nach ausreichender Überprüfung auf den Markt gebracht. Wie jeder andere Impfstoff wird auch ein neuer Impfstoff, der vor COVID-19 schützen soll, intensiv geprüft. Die verschiedenen Impfstoff-Kandidaten durchlaufen jeweils streng kontrollierte Prozesse. Es gibt dafür klare gesetzliche und wissenschaftliche Vorgaben, bevor sie zur Anwendung am gesunden Menschen kommen können. Auch in Österreich gibt es mehrere heimische Unternehmen, die sich an der Entwicklung oder Forschung zu Impfstoff-kandidaten oder Bestandteilen davon beteiligen. Das gemeinsame Ziel all dieser und weiterer Aktivitäten ist, so bald wie möglich Impf-stoffe zur Zulassung und in weiterer Folge zur Anwendung zu bringen, um diese Pandemie in den Griff zu bekommen.

Mythos 3: mRNA-Impfstoffe wurden bislang nicht zugelassen, weil unberechenbar.

Falsch. Zu mRNA-Impf-stoffen wird bereits seit über 20 Jahren geforscht und die mRNA-Technologie selbst ist sehr gut untersucht.

Im Unterschied zu klassischen Impfstoffen, bei denen Antigene in verschiedener Form (z. B. inaktivierte Erreger, rekombinante Proteine, virus like particles) dem Immunsystem an-geboten werden, wird mit mRNA-Impfungen nur der Bauplan (in Form der sogenannten messenger-RNA) für Virusproteine zur Verfügung gestellt. Diese Information wird im Zytoplasma (außerhalb des Zellkerns) der Zellen, in die sie durch Verschmelzen des Lipidnanopartikels mit der Zellmembran gelangt, von Ribosomen wie jede andere körpereigene mRNA abgelesen und das in der mRNA codierte Virusprotein produziert. Auf diese Weise wird das SARS-CoV-2 Spike-Oberflächenprotein von den menschlichen Zellen selbst produziert und dann an die Zelloberfläche transportiert. Dort wird es von speziellen Immunzellen als fremd erkannt und regt das Immun-system dazu an, Antikörper und spezifische T-Zellen gegen SARS-CoV-2 zu produzieren. Die mRNA gelangt nicht in den Zellkern, wird nicht in DNA eingebaut und hat keinen Einfluss auf die menschliche Erbinformation, weder in Körperzellen noch in Fortpflanzungszellen. Wie viele andere sich in der Zelle befindlichen mRNA-Moleküle wird auch diese mRNA in den Zellen rasch binnen weniger Tage abgebaut.

Mythos 4: Es gibt Tote nach Impfungen.

Es gibt gesundheitliche Ereignisse, wie etwa Autoimmunerkrankungen, Krebs-erkrankungen oder sogar Tod, welche in jeder Bevölkerung auftreten, auch ohne Impfungen. So muss man davon ausgehen, dass es, wenn eine große Anzahl von Personen geimpft wird, auch bei geimpften Personen zu derartigen gesundheitlichen Ereignissen in zeitlichem Zusammenhang kommt, ohne dass diese jedoch in ur-sächlichem Zusammenhang mit einer zuvor verabreichten Impfung stehen.

Corona-Impfstoffe: Was wissen wir?

Der bundesweit gültige Impfplan

Das Nationale Impfgremium hat aufgrund medizinischer Faktoren die Zielgruppen für die Impfung gereiht. Die Kriterien sind in Priorisierung des Nationalen Impfgremiums detailliert abrufbar.

Februar 2021: Phase eins ist abgeschlossen.

In Phase eins wurden folgende Gruppen geimpft

  • Bewohnerinnen und Bewohner von Pflege- und Altersheimen
  • Gesundheitspersonal mit hohem Ansteckungsrisiko
  • Hochrisikopatienten mit definierten Vorerkrankungen, Menschen mit Behinderungen
  • Über 80-Jährige, die zu Hause leben
  • Personal, das Menschen direkt unterstützt (mobile Pflege, Krankenpflege, 24-Stunden-Pflege, persönliche Assistenz von Menschen mit Behinderungen)

Seit März 2021: Phase zwei

Phase zwei – so der Impfplan – beginnt überlappend mit Phase eins ab März. In dieser „erweiterten Verimpfung“ werden folgende Gruppen geimpft:

  • Alle Angehörigen der Gruppen von Phase eins (nicht zuletzt deshalb, weil bei den bisher zugelassenen Impfstoffen zwei Impfungen nötig sind, Anm. d. Red.)
  • Personen höheren Alters
  • Risikopatienten (etwa mit Diabetes, Anm. d. Red.)
  • Personen in kritischer Infrastruktur (dazu gehören u. a. Banken, Lebens-mittelversorger, Verkehrs-, Telekom-munikations- und Energiedienstleis-ter sowie Medien); bei dieser Gruppe wird die Impfung vermutlich groß-teils in den Betrieben stattfinden

2. Quartal 2021: Phas drei

Phase drei soll im zweiten Quartal, also ab April, starten und hat derzeit natürlich kein Enddatum.

Bei der „breiten Verimpfung“ kann sich die Bevölkerung generell impfen lassen.

Corona-Impfstoffe: Was wissen wir?

Das große Corona-Schutzimpfungs-ABC

Speziell für Personen aus Phase zwei und drei

A wie Anmeldung

Die Möglichkeit, sich impfen zu lassen, gibt es in ganz Österreich. Die Ab-läufe sind allerdings von Bundesland zu Bundesland verschieden und werden laufend weiterentwickelt. Unter https://www.oesterreich-impft. at/impfanmeldung/ finden Sie alles rund um Vormerkungen und Anmeldungen zur Impfung in Ihrem Bundesland.

E wie elektronischer Impfpass

In den nächsten Jahren wird der e-Impfpass den klassischen Papier-Impfpass ab-lösen. Genau wie beim klassischen Impfpass werden im e-Impfpass zukünftig alle Impfungen aufgezeichnet, die eine Person erhalten hat. Die Impfungen werden aber nicht mehr in einem Impfpass aus Papier dokumentiert, sondern sicher in einem elektronischen nationalen Impfregister abgespeichert. Die Corona-Schutz-impfungen werden bereits im e-Impfpass eingetragen.

F wie Fünf-Punktet-Programm gegen erhöhte Ansteckungsrisiko durch Mutationen

Kontrolle der Mutationen (positive PCR-Testes werden auf Mutationen untersucht); FFP-2-Masken und 2-Meter- Mindestabstand (Schutz vor dem erhöhten Infektionsrisiko); Schnelles Kontakt-personen-Management; Testoffensive mit umfang-reichem Angebot an Gratis-Testungen; Impfen (so schnell es auf Basis der Liefermengen und Liefertermine möglich ist).

I wie Impfintervalle

Impfstoffe zu gewährleisten, sollen die empfohlenen Zeiträume zwischen Erst- und Zweitimpfung eingehalten werden. Für den Impfstoff von BioNTech sind das 3–6 Wochen, für Moderna 4–6 Wochen und für AstraZeneca 9–12 Wochen.

J wie Johnson&Johnson

Bei Ad26.COV2.S handelt es sich um einen vektorbasierten Corona-Impfstoff von Johnson & Johnson, der Mutterkonzern des forschenden belgischen Pharmaunternehmens Janssen. Anders als bei den bisher in der EU zugelassenen Impf-stoffen bietet er den Vorteil, dass er nicht zweimal appliziert werden muss. Für einen wirksamen Impfschutz wird nur eine Dosis benötigt. Ein weiterer Vorteil der Vakzine liegt darin, dass sie zwischen 2° C und 8° C gelagert wer-den kann. Die häufigsten Nebenwirkungen von Ad26. COV2.S waren Schmerzen an der Injektionsstelle (48,6 Prozent), Kopfschmerzen (38,9 Prozent), Müdigkeit (38,2 Prozent) und Myalgie (33,2 Prozent). Diese waren überwiegend leicht und mittelschwer, wobei 0,7 Prozent bzw. 1,8 Prozent der lokal und systemisch angeforderten Nebenwirkungen als Grad 3 gemeldet wurden. Berichte über Nebenwirkungen waren bei Teilnehmern ab 60 Jahren weniger häufig.

K wie Kinder

Der Fokus wird zunächst darauf gelegt, diejenigen zu schützen, die am schwersten an COVID-19 erkranken oder versterben und das sind in erster Linie Erwachsene und insbesondere Personen höheren Alters. Darum wurden zu Beginn auch ausschließlich Erwachsene und Personen höheren Alters in Impfstudien auf-genommen. Wenn aus-reichend Daten zu Sicherheit und Wirksamkeit der Impfstoffe bei Erwachsenen zur Verfügung stehen, so werden teils weitere Studien geplant werden, in die auch Kinder eingeschlossen wer-den. Sollten Impfstoffe für Kinder zugelassen werden, so wird es sich vermutlich um dieselben Impfstoffe handeln, welche auch bei Erwachsenen eingesetzt werden, möglicherweise in einer anderen Dosierung.

M wie Moderna und Biontec gleichwertig?

Studien bewertet beide mRNA-Impfstoffe hinsichtlich Sicherheit und Wirksamkeit als gleichwertig. Beide mRNA-Impfstoffe werden zum Schutz vor einer COVID-19-Erkrankung empfohlen.

N wie Nebenwirkungen

Nach der ersten Impfung sind laut klinischen Studien Empfindlichkeit an der Injektionsstelle (mit über 60 Prozent) keine Seltenheit. Mehr als jeder zweite Ge-impfte hat laut RKI Schmerzen an der Injektionsstelle sowie Kopfschmerzen und Abgeschlagenheit. Auch ein Krankheitsgefühl gehört mit etwa 44 Prozent zu einer häufigen Nebenwirkung. Erhöhte Temperatur trat bei etwa jedem dritten Geimpften auf, Fieber bei knapp acht Prozent. Studien zu-folge treten Schüttelfrost bei jedem dritten, Übelkeit bei jedem fünften Geimpften auf. Die meisten Nebenwirkungen seien leichter und mittelschwerere Ausprägung und würden innerhalb weniger Tage nach der Impfung verschwinden. Nach der zweiten Dosis seien die gemeldeten Nebenwirkungen milder und weniger häufig. Bei Menschen über 65 Jahren sollen die Neben-wirkungen allgemein milder und seltener sein. Zum Vergleich: Bei den Impf-stoffen von BioNTech und Pfizer sowie Moderna treten laut RKI Schmerzen an der Einstichstelle bei über 80 Prozent der Geimpften auf. Abgeschlagenheit (BioN-Tech/Pfizer: 47 Prozent, Moderna: 65 Prozent) und Kopfschmerzen (BioNTech/Pfizer: 42 Prozent, Moder-na: 59 Prozent) sind auch keine Seltenheit. Deutlich seltener als bei der Impfung mit AstraZeneca kommt es bei den Impfungen zu Fieber als Nebenwirkung (BioNTech/Pfizer: vier Pro-zent, Moderna: 0,8 Prozent). Vermutete Nebenwirkungen sollen gemeldet werden unter https://www.basg.gv.at oder 0800 555 621.

P wie Pollen und erhöhtes Ansteckungsrisiko?

Laut einer neuen Studie steigt an Tagen, an denen besonders viel Blütenstaub in der Luft schwebt, die Ge-fahr, sich mit dem Corona-virus zu infizieren. Dabei spielt es keine Rolle, ob jemand eine Pollenallergie hat oder nicht, weil das Immun-system abgelenkt ist.

S wie Schutzdauer

Die Schutzdauer nach den Impfungen ist zum aktuellen Stand noch zu keinem zugelassenen Impfstoff bekannt. Demnach ist auch noch nicht bekannt, wann/ob Auffrischungsimpfungen notwendig sind. Entsprechende Empfehlungen wer-den aus den weiteren Ergebnissen der Phase-III-Studien rechtzeitig verfügbar sein.

T wie Titerkontrolle empfohlen?

Eine Impferfolgsüber-prüfung wird derzeit nicht empfohlen, weil noch kein Laborwert definiert ist, der einen Impfschutz verlässlich nachweist (=Schutzkorrelat). In Einzelfällen (z. B. bei unklarer immunologischer Reaktionsfähigkeit der Patientin/des Patienten auf eine Impfung) kann eine zwei-malige Antikörperbestimmung (Vorwert/Nachwert vier Wochen nach 2. Impfung) mit einem validierten Antikörpertest Hilfestellung bei der Interpretation des Impferfolges geben.

U wie Unterlagen

Corona-Schutzimpfung Ihre Sozialversicherungsnummer (E-Card), die unterschriebe-ne Aufklärungs- und Einwilligungserklärung, Ihren Impfpass (falls vorhanden) und einen gültigen, amtlichen Lichtbildausweis mit.

W wie Wirksamkeit

Universität von Edinburgh, die als eine der ersten die Wirksamkeit von Corona-Impfstoffen in der realen Anwendung untersuchte, zeigte hohe Werte bei Astra Zeneca: Vier Wochen nach der ersten Impfung mit den AstraZeneca-Vakzinen ging das Risiko der Geimpften, wegen COVID-19 ins Krankenhaus zu müssen, um 94 Prozent zurück. Bei Impfungen mit dem Präparat von Biontech/Pfizer sinkt das Risiko der Studie zufolge um 85 Prozent. Die Studien-ergebnisse liegen in einem Preprint vor und wurden noch nicht von anderen Wissenschaftlern geprüft.

Z wie Zeitpunkt des Schutzes nach Impfung

Etwa 14 Tage nach der zweiten Dosis kann man von einem vollen Impfschutz ausgehen. Erste Daten aus der Anwendung im täglichen Leben zeigen, dass bei einzelnen Personen bei der Impfung mit Comirnaty, einem der mRNA-Impfstoffe (von Pfizer/BioNTech), schon 10–14 Tage nach der ersten Impfung eine gewisse Schutzwirkung gegeben ist. Dies betrifft aber nicht alle Personen und es ist daher sehr wichtig, dass beide Dosen im empfohlenen Intervall verabreicht werden, um einen vollständigen Impf-schutz auszubilden. Kommt es in Ausnahmefällen trotz Impfung zu einer COVID-19-Erkrankung, so verläuft diese deutlich milder und es werden Komplikationen und Todesfälle weitestgehend vermieden.