Wenn die Ohren klingeln

Einige nehmen hohe Pfeifgeräusche wahr, andere ein Brummen, Sausen oder sogar Maschinengeräusche. Ein Tinnitus – medizinisch Tinnitus aurium, also Klingeln der Ohren genannt – wird meist nur vom Betroffenen wahrgenommen und kann in seiner Intensität sehr unterschiedlich ausfallen. Ein akutes Ohrgeräusch wird vom Patienten im Ohr lokalisiert. Bei längerem Bestehen ändert sich das Bild. Viele lokalisieren den Tinnitus dann „im Kopf“, was auch der tatsächlichen Abspeicherung des Geräusches im Gehirn entspricht.

Die Hintergründe.

Selbst bei absoluter äußerer Stille ist unser Innenohr, die sogenannte Schnecke, dennoch ein überraschend lauter Ort, in dem ununterbrochen Töne und Geräusche (die sogenannten otoakustischen Emissionen) produziert werden. Unser Gehirn hat es aber gelernt, diesen Erregungseinstrom eines gesunden Innenohres als „Stille“ zu interpretieren. Jede Veränderung dieses Signalmusters kann Tinnitus auslösen. Unser Innenohr hat eine ausgesprochen gute Filterfunktion, die Hörkerne wählen aus, welche Signale bewusst verarbeitet werden. Sind diese Filter gestört, entsteht Tinnitus. Zumeist ist die schleichend einsetzende Altersschwerhörigkeit Ursache Nummer eins. Da sie zunächst nur die höheren Frequenzen betrifft, wird sie von den Patienten selbst zu Beginn gar nicht bemerkt. Erst ein genauer Ton- und Sprachhörtest beim Facharzt gibt Aufschluss über das tatsächliche Hörvermögen. In jungen Jahren ist die Hauptursache meist Stress. Unser Körper sagt uns, dass wir buchstäblich „zu viel um die Ohren haben“. Oftmals ist Tinnitus auch ein Vorbote oder Begleitsymptom eines Burnouts. Depressionen alleine lösen allerdings keinen Tinnitus aus, sie erschweren aber dem Patienten den Umgang damit. Auch seelische Kränkungen, Trennungen oder der Verlust einer geliebten Person können Tinnitus auslösen, ebenso wie zahlreiche Erkrankungen des Mittel- oder Innenohres Tinnitus bewirken können. So geht ein Hörsturz in der Regel mit Tinnitus einher. Auch die Drehschwindel- Erkrankung (Morbus Menière), eine chronische Mittelohrentzündung, ein Mittelohrguss oder im einfachsten Fall simples Ohrenschmalz kann einen Tinnitus verursachen. Gefährliche Ursachen für das Pfeifen im Ohr wären etwa das Akustikus-Neurinom oder andere Tumoren, sie sind aber selten, müssen jedoch unbedingt ausgeschlossen werden. Der beste Ansprechpartner ist hierfür Ihr HNO-Facharzt.

Die Behandlung.

Die Tinnitus-Therapie richtet sich nach Ursachen, Schweregrad und möglichen sekundären Symptomen. Entscheidend ist außerdem, ob es sich um einen akuten oder chronischen Tinnitus handelt. Bei einem akuten Tinnitus sollte möglichst umgehend mit der Behandlung begonnen werden. Denn dann sind die Chancen am größten, das therapeutische Ziel, die vollständige Beseitigung der Ohrgeräusche, zu erreichen.
Mögliche Behandlungsmethoden sind:

  • Counselling: Meint eine eingehende und individuelle Beratung und Aufklärung des Patienten durch den Arzt, damit sich Betroffene keine unnötigen Sorgen über die Ursache ihres Ohrgeräusches machen.
  • Tinnitus-Retraining-Therapie (TRT): Hierbei wird versucht, die gestörte Geräusche-Filterfunktion wieder herzustellen und die akustische Wahrnehmung von den Ohrgeräuschen abzulenken bzw. abzukoppeln.
  • Entspannungsübungen
  • Entzündungshemmende Medikamente
  • Durchblutungsfördernde Medikamente

„Bewusst gesund“ – Gesundheitstipps von Univ.-Prof. Dr. Siegfried Meryn, ORF Nachlese
Foto: koldunov