Zittern als Krankheitsbild
Menschen ab dem 60. Lebensjahr leiden häufig an Tremor bzw. unwillkürlichem Muskelzittern. Der Name Tremor stammt vom lat. tremere, was zittern bedeutet. Er entsteht, wenn sich einander entgegenwirkende Muskelgruppen unwillkürlich und unkontrollierbar zusammenziehen. Meist zittern Arme und Hände, seltener sind Patienten von einem Kopftremor betroffen. Für viele Betroffene ist es ganz besonders belastend, dass das Zittern auch sozial stigmatisiert ist. Sie trauen sich kaum mehr, in der Öffentlichkeit zu essen oder zu schreiben und meiden das Zusammentreffen mit anderen Menschen.
Zur Erklärung.
Muskelzittern, Kopfwackeln oder Kopfzittern wird auch als Hystomie bezeichnet. Die Ursache sitzt fast immer im sogenannten Bewegungszentrum des Gehirns. Die möglichen Ursachen sind vielfältig. Vom wohl bekanntesten Morbus Parkinson über psychische Erkrankungen bis hin zu selteneren anderen wie Multipler Sklerose oder Lebererkrankungen, bei denen im Gehirn Kupfer abgelagert wird, reichen die Ursachen. Am häufigsten aber kennen wir den Familiären Essentiellen Tremor. Eine genetische Veranlagung spielt bei dieser Erkrankung eine große Rolle, doch kann sie innerhalb einer Familie Generationen überspringen. Der Essentielle Tremor ist eine Tremorart, die nicht als Symptom einer dahinterstehenden Krankheit, sondern isoliert auftritt. Essentieller Tremor zählt zu den häufigsten Bewegungsstörungen weltweit. Bei dieser Tremor-Art sind primär die oberen Extremitäten betroffen, vor allem die Hände (seltener auch Kopf, Zunge oder Beine). Das Zittern ist, anders als beim Parkinson-Tremor, in der Regel nicht in Ruhepositionen zu sehen, sondern dann, wenn eine gezielte Bewegung ausgeführt wird, z. B. das Greifen nach einem Glas, beim Essen oder beim Schreiben. Aber auch beim Halten von Gegenständen kann der sogenannte Haltetremor auftreten. Der Essentielle Tremor kann in allen Altersgruppen auftreten, ist nicht heilbar, jedoch gibt es wirksame Behandlungsmöglichkeiten.
Was tun?
Therapiert wird der Essentielle Tremor in der Regel mit Betablockern. Sie gehören zu einer Substanzgruppe, die vor allem gegen Bluthochdruck eingesetzt wird. Durch die Einnahme von Betablockern beruhigt sich das Zittern, daher fallen alltägliche Tätigkeiten erheblich leichter. Oftmals ein- gesetzt wird Propranolol, ein Betablocker, der vor allem zur Behandlung von Bluthochdruck eingesetzt wird und besser als modernere Betablocker die betroffenen Regionen im Gehirn erreicht. Auch kommen Medikamente zum Einsatz, die als Anti-Epilepsie-Präperate verwendet werden. Hier kann es allerdings zu spürbaren Nebenwirkungen wie Müdigkeit kommen. Falls das Wackeln, vor allem des Kopfes, sehr massiv ausgeprägt ist, gibt es auch invasivere Methoden, nämlich das Implantieren von Elektroden im Gehirn, in dem der Tremor lokalisiert ist – auch bekannt als Tiefe Hirnstimulation. Ein sogenannter Hirnstimulator wird an der Brust unter die Haut implantiert, der über Kabel mit den Elektroden verbunden ist. Die Funktion ist ähnlich wie die eines Herzschrittmachers: Der Hirnstimulator gibt Impulse an den Thalamus ab. Diese Hirnregion ist zuständig für die unbewusste Steuerung willkürlicher Bewegungen; der Thalamus ist für die Überaktivität der Muskulatur verantwortlich, die sich dann wiederum als Tremor zeigt. Die passende medikamentöse Behandlung und optimale Therapie eines jeden Betroffenen ist jedenfalls immer mit dem behandelnden Arzt abzuklären.
„Bewusst gesund“ – Gesundheitstipps von Univ.-Prof. Dr. Siegfried Meryn, ORF Nachlese
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