Vergesslichkeit die Stirn bieten

Man vergisst gewisse Dinge, kann sich nicht mehr gut konzentrieren oder erkennt Menschen, die einem wichtig sind, plötzlich nicht mehr – viele Demenzpatienten reagieren bei den ersten Warnsignalen mit Verunsicherung, Kränkung und Schock. Die Folge: ein Rückzug vom sozialen Umfeld. Denn viele schämen sich. Genau deshalb sind liebevolle Zuwendung und ein aktives Gestalten des Alltags gerade für ältere Menschen, aber im Speziellen für Demenzpatienten besonders wichtig. Sie reagieren sehr sensibel auf körperliche Berührung – daher gilt: Streicheln sie nahestehende ältere Menschen sooft es geht, nehmen Sie ihre Hand, legen Sie Ihren Arm um deren Schulter. Geben Sie ihnen einfach das Gefühl, etwas wert zu sein, wertgeschätzt zu werden. Gefühle, die unbeschreiblich wichtig für das Selbstwertgefühl und -vertrauen sind – und gleichzeitig etwas ausdrücken, das jeder Mensch braucht – Liebe.

Bewegung hält Gehirn fit.

Ältere und im Besonderen vergesslich werdende Menschen profitieren aber auch von Bewegung. Die Hintergründe: Je älter man wird, umso mehr verkleinert sich der Hippocampus, jene Region im Gehirn, die an allen wesentlichen Gedächtnisprozessen beteiligt ist. Ein bis zwei Prozent büßt man so pro Jahr ein – auch gesunde Menschen. Das Schrumpfen des Hippocampus geht somit mit einer Verschlechterung der Denkleistungen allgemein einher und mit einem höheren Risiko, an Demenz zu erkranken. Ausdauertraining bewirkt dagegen eine Steigerung der Blutzufuhr im Gehirn bis zu 40 Prozent, was die betreffenden Gehirnareale wieder vergrößert und ausreichend mit Sauerstoff versorgt. Das belegen heute Studien eindrucksvoll. Und das Beste: Es ist nie zu spät, mit Bewegung zu beginnen. Man kann die fortschreitende Alterung des Gehirns auch noch in fortgeschrittenem Alter einbremsen. Zudem hat Ausdauertraining noch einen Nebeneffekt: Die Glückshormone Serotonin, Dopamin und Endorphine werden in größeren Mengen ausgeschüttet. Somit wird die Stimmung gehoben, was ganz ohne Tabletten vor depressiven Verstimmungen und Stimmungsschwankungen im Alter schützt.

Altersentsprechend trainieren.

Um sich all diese positiven Wirkungen zunutze zu machen, muss man aber auf seine alten Tage nicht gleich Leistungssportler werden. Der Grundsatz lautet: So viel Training wie zumutbar und stets angepasst an den Gesundheitszustand. Beginnen kann man also in jedem Alter und jedem Stadium der Krankheit. Wichtig ist, sich vorher mit dem Hausarzt seines Vertrauens zu beraten und somit genau zu wissen, was man sich zumuten kann und darf. Denn wer sich nicht gleich mit der Bewegung überfordert, wird Freude daran haben – und das ist die Hauptsache. Besonders positive Effekte kann in diesem Zusammenhang die Kombination von Bewegung mit Lernen erzielen. Versuchen Sie einmal, im Gehen ein Gedicht auswendig zu lernen, oder sich während des Trainings am Ergometer Vokabeln einer fremden Sprache zu merken. Sie werden sehen, diese Kombination wirkt optimal gegen das Vergessen, weil man die körperliche Ausdauer fördert und gleichzeitig das Gehirn arbeitet. Bewegung, Sport oder einfach körperliche Aktivität sollten somit ein Teil der individuellen Therapie älterer Menschen werden. Denn sie stellen eine gute Möglichkeit dar, Alzheimer, Demenz oder einfach beginnende Vergesslichkeit hinauszuzögern und den Betroffenen damit für möglichst lange Zeit eine selbstständige Lebensführung zu ermöglichen.

„Bewusst gesund“ – Gesundheitstipps von Univ.-Prof. Dr. Siegfried Meryn, ORF Nachlese September 2017
Foto: Stocksnap / Pixabay; CC0 Public Domain